Was ist Psychotherapie?
Psychotherapie ist wörtlich übersetzt die Behandlung der Seele, bzw. seelischer Probleme mit „seelischen“ Mitteln, also mit Hilfe von psychotherapeutischen Verfahren, in Abgrenzung zu einer medikamentösen Behandlung.
Es gibt unterschiedliche psychotherapeutische Verfahren. Derzeit werden von den gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, für Psychoanalyse, systemische Psychotherapie und für Verhaltenstherapie übernommen. Bei allen vier Therapieformen wird eine Veränderung mit Hilfe von Gesprächen herbeigeführt, wobei in der Verhaltenstherapie zusätzlich Übungen durchgeführt und angeleitet werden können.
Seit wann gibt es Psychotherapie?
Entstehung der Psychotherapie
Psychoanalyse
Um 1890 wurde die Psychoanalyse als erste psychologische Theorie über unbewußte psychische Vorgänge von Sigmund Freud (1856-1939) in Wien begründet. Innerhalb einer Psychoanalyse wird an mehreren Terminen wöchentlich über viele Jahre versucht unbewußte Zusammenhänge des Leidens aufzudecken, z.B mit Hilfe des freien Assoziierens auf der Couch, Traumanalyse oder Deutung der Reaktionen des Patienten gegenüber dem Therapeuten (Übertragung), mit dem Ziel allgemeine Einsichten zu gewinnen, zu Reifen und zu Heilen. Aus der Psychoanalyse haben sich später verschiedene Schulen der Tiefenpsychologie entwickelt.
Tiefenpsychologie
Die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie hat die gleichen theoretischen Grundlagen wie die Psychoanalyse. Man versucht psychisches Leiden zu lindern, in dem ein tiefes Verständnis der das Seelenleben beeinflussenden unbewußten Prozessen angestrebt wird. Hier werden z.B. fortdauernde Einflüsse aus Kindheit und Jugend aus der Tiefe des Unbewußten geholt um aktuelle Symptome zu mindern und Einsichten in inner Konflikte zu erlangen.
Systemische Therapie
Ein psychotherapeutisches Verfahren, dessen Schwerpunkt auf dem sozialen Kontext, insbesondere auf Interaktionen zwischen Mitgliedern der Familie und deren sozialer Umwelt liegt. Familientherapeutisches Denken entwickelte sich ab 1950 durch Nathan Ackerman und Virginia Satir. 1956 wurde in einem Forschungsbericht die Wirkung von Doppelbotschaften als paradoxes Kommunikationsmuster in zwischenmenschlichen Beziehungen und die wissenschaftsgeschichtlich prominente „Doppelbindungstheorie“ veröffentlicht. Die systemische Familientherapie entstand mit Mara Selvini Palazzoli ab 1970. In Deutschland wurde Ende 2008 die Systemische Therapie als 4. wissenschaftlich anerkanntes Verfahren eingestuft.
Verhaltentherapie
Ebenfalls Ende des 19.Jahrhunderts beschäftigte sich William James (1842-1919) an der Harvard Universität in Massachusetts mit Zweck und Nutzen psychischer Prozesse, was die Entwicklung der Psychologie als eigenständige Wissenschaft prägte. Damit begründete er die moderne (empirische) Psychologie in den USA. Daraus entwickelten Verhaltensforscher an amerikanischen Universitäten den „Behaviorismus“, Konzepte um Bewusstsein, Wille, Entscheidungen und Verhalten von Lebewesen wissenschaftlich zu untersuchen und zu erklären.
Zu Beginn des 20. Jahrhundert wurde die Wirkung der „Konditionierung“, des Lernens durch Erfolg und Missverfolg erforscht. Die daraus entwickelte „Lerntheorie“ stellte erste Vorläufer der Verhaltenstherapie dar. Mit Hilfe von wissenschaftlich nachweisbar wirksamen Techniken (z.B. aus der Lerntheorie) soll psychisches Leiden gelindert werden, in dem die Handlungsfähigkeit des Patienten erweitert wird.
In den 80er Jahren wurden in die Verhaltenstherapie ausser dem „Lernen“, zunehmend „Gedanken“ mit einbezogen, dieser Zeitpunkt wird die „kognitive Wende“ genannt.
Weitere Entwicklungen ab den 90er Jahren legen den Schwerpunkt statt nur auf inhaltliche Merkmale kognitiver Abläufe auch auf Emotionen. Die Haltung, die Patienten zu ihren Kognitionen und anderen inneren Erfahrungen haben und der Aufbau einer stabilen therapeutischen Beziehung gewinnt an Bedeutung. Achtsamkeit und Akzeptanz wurden als wichtige Elemente in die verhaltenstherapeutische Behandlung aufgenommen. Dies wird von einigen Autoren „die dritte Welle der Verhaltenstherapie“ genannt.
»Übungen in Achtsamkeit scheinen sich ideal dafür zu eignen, eine stärkere Wahrnehmung der Einheit von Geist und Körper zu kultivieren, speziell hinsichtlich der Art und Weise, wie unbewusste Gedanken, Gefühle und Verhaltensmuster die emotionale, körperliche und geistige Gesundheit untergraben können.« (Kabat-Zinn, 2003, S. 45)
Was ist Verhaltenstherapie?
Unter Verhaltenstherapie versteht man heute mehr als 50 verschiedene Einzelverfahren, die wissenschaftlich überprüft, als erfolgreich befunden, zur Linderung psychischen Leidens eingesetzt werden können. Dabei wird in der Gegenwart angesetzt. Haben die Probleme ihre Wurzeln in der Lebensgeschichte des Patienten wird Vergangenheitsbewältigung gezielt betrieben um die aktuellen Probleme lindern zu können.
Methoden der Verhaltenstherapie
Hier sind einige beispielhafte Begriffe verhaltenstherapeutischer Einzelverfahren und die Autoren therapeutischer Manuale aufgeführt.
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- Angstbewältigungstraining, Margraf und andere
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- Antidepressionstherapie, z.B. Ellis, Beck, Hautzinger
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- Antistresstherapie, Meichenbaum
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- Hilfe bei ADHS (Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom), z.B. Döpfner
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- Achtsamkeitsbasierte kognitive Therapie bei Depressionen, Segal & Williams
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- Akzeptanz- und Commitment Therapie für Angststörungen, Eifert & Forsyth
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- Dialektisch-behaviorale Therapie der Borderline Persönlichkeitsstörung, Marsha M. Linehan
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- Entspannungstraining, z.B. PMR, Jacobson
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- Genusstherapie, Lutz
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- Kognitive Umstrukturierung negativer Gedanken, Beck
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- Kognitive Verhaltenstherapie bei Depressionen, Hautzinger
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- Kognitive Verhaltenstherapie bei Essstörungen, Legenbauer
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- Kognitive Verhaltenstherapie bei Krankheitsangst, Bleichhardt & Weck
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- Marburger Schmerzbewältigungsprogramm
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- Positive Aktivierung, Seligmann
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- Problemlösetraining, D`Zurilla & Goldfried
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- Schmerzbewältigungstraining, Turk
- Selbstmanagement-Therapie, Kanfer
- Training zur Verbesserung der sozialen Kompetenzen, Ullrich